12 – Closed vs. Open: Welche Sprachmodelle eignen sich wirklich für Unternehmen?

Teil 12 der Serie: Die Mathematik hinter großen Sprachmodellen verständlich erklärt

26 Juli 2025
Wolf galetzki datista speaker

Wolf Galetzki

Datista® – Growth through Data & AI

Mathematik der sprachmodelle
Teil 12 von 20 der Serie: Die Mathematik hinter LLMs

Im KI-Workshop stellt irgendjemand fast immer diese Frage:

„Sollen wir GPT-4 nutzen – oder lieber ein Open-Source-Modell hosten?“

Und sie ist berechtigt. Denn bei Sprachmodellen geht es längst nicht mehr nur um Performance, sondern auch um:

  • Kosten
  • Datenschutz
  • Kontrolle
  • Anpassbarkeit
  • Skalierbarkeit

In diesem Teil erfährst du:

  • Wie sich Open- und Closed-Source-Modelle systematisch unterscheiden
  • Welche Vor- und Nachteile wirklich relevant sind
  • Für wen welche Modelle am besten passen
  • Und wie sich führende Anbieter heute positionieren

Entscheidungskriterien: Worauf es ankommt

Die wichtigsten Dimensionen:

KriteriumBedeutung für Unternehmen
Leistung (Accuracy)Wie gut sind Antworten in realen Use Cases?
KostenstrukturAPI-Abrechnung vs. Infrastruktur & Wartung
Datenschutz / DSGVOKann ich sensibelste Daten sicher verarbeiten?
AnpassbarkeitFinetuning, Promptsteuerung, Kontrolle möglich?
Verfügbarkeit / SupportReaktion bei Ausfällen, Versionierung, SLAs
Latenz / GeschwindigkeitKritisch z. B. bei UI-Interaktion oder Agenten

Vergleich: Closed vs. Open Source im Überblick

EigenschaftClosed Source (z. B. GPT-4, Claude, Gemini)Open Source (z. B. Mistral, LLaMA, Yi)
ZugriffNur via API / PlattformEigenes Hosting oder über Drittanbieter
KostenmodellAPI-basiert (Tokenpreise)Hardware + Betriebskosten
Leistung (out of the box)Sehr hoch bei führenden ModellenUnterschiedlich – oft schwächer ohne Finetuning
DatenschutzkontrolleBegrenzt, je nach AnbieterVollständig bei Selfhosting
AnpassbarkeitEingeschränkt (Prompt-basiert)Vollständig (Prompt + Finetuning möglich)
InfrastrukturbedarfGering (API reicht)Hoch (GPU, MLOps, Sicherheit)
AuditierbarkeitKeine Einsicht in ModellparameterVolle Einsicht & Kontrolle
Reife / StabilitätSehr hoch bei Premium-AnbieternUnterschiedlich – manche Modelle instabil
Lizenz & Complianceproprietär, oft unklaroffen, aber lizenzpflichtig prüfen

Modelle im Vergleich

Closed Source (API-basiert)

ModellAnbieterBesonderheit
GPT-4 (turbo)OpenAI / AzureHohe Performance, multimodal
Claude 3 OpusAnthropicTransparente Quellenstruktur, stark bei Fakten
Gemini 1.5 ProGoogle DeepMindSehr langer Kontext, multimodal
Command R+CohereFür RAG optimiert, günstiger

Vorteile: Keine eigene Infrastruktur nötig, beste Performance
Nachteile: Datenschutz, API-Limits, Kontrolle begrenzt

Open Source (self-hostbar)

ModellEntwicklerBesonderheit
Mistral 7B / MixtralMistralSchnell, leistungsstark, permissive Lizenz
Yi-34B01.AI (China)Sehr stark bei Sprache & Code
LLaMA 3MetaGute Basis, breites Ökosystem
DeepSeek-V2DeepSeekCode- und Sprache, Open-Release
OpenChat / ZephyrCommunity-basiertRLHF-basiert, dialogoptimiert
Falcon / BLOOMHuggingFace / TIIGute Baseline, aber teils veraltet

Vorteile: Kontrolle, Datenschutz, Anpassung
Nachteile: Aufwändige Infrastruktur, Performance schwankend

Sonderfall: DSGVO & AI Act – wer erfüllt was?

DSGVO-konforme Optionen (für EU-Unternehmen interessant):

Modell / AnbieterBetriebsformDSGVO-konform nutzbar?
GPT-4 via AzureEU-Region, Microsoft✅ Ja – unter NDA und Kontrolle
Aleph AlphaHeidelberg (DE)✅ Ja – deutsches Rechenzentrum
Mistral / MixtralSelfhosted (EU)✅ Ja – vollständige Kontrolle
OpenAI API (US)Standardzugang❌ Nicht vollständig DSGVO-konform
Claude / GeminiUS-basiert⚠️ Eingeschränkt, keine EU-Garantie

Tipp: Azure OpenAI ist derzeit die einzige offizielle Möglichkeit, GPT-4 in einem EU-konformen Setup mit Microsoft-SLA zu betreiben.

Wann lohnt sich welches Modell?

Closed Source (API) – sinnvoll bei:

  • Prototyping & schnelle MVPs
  • Kein Team für Infrastruktur
  • Fokus auf höchste Qualität (z. B. GPT-4)
  • Kein Kontakt mit kritischen oder personenbezogenen Daten

Open Source (self-hosted) – sinnvoll bei:

  • Datensensible Anwendungen (HR, Legal, Medizin)
  • Wunsch nach voller Kontrolle & Auditierbarkeit
  • Integration in eigene Tools / Infrastruktur
  • White-Label-KI-Lösungen für Dritte

Entscheidungsbaum (vereinfachte Version)

textKopieren→ Verarbeite ich sensible oder personenbezogene Daten?
    → Ja → Open Source / Azure GPT-4 prüfen
    → Nein → API-Modell möglich

→ Habe ich interne IT-Kompetenz für LLM-Infrastruktur?
    → Ja → Selfhosted Modelle gut nutzbar
    → Nein → API oder Managed Hosting wählen

→ Ist Customization wichtig (z. B. eigenes Wording, Stil)?
    → Ja → Finetuningfähig = Open Source
    → Nein → API reicht aus

Fazit & Ausblick

Es gibt kein „bestes Modell“ – aber es gibt passende Modelle für deinen konkreten Kontext.

  • Closed Source überzeugt mit Power & Einfachheit
  • Open Source mit Kontrolle & Datenschutz
  • Hybride Setups (z. B. GPT-4 + RAG + lokale Filterung) sind oft der beste Kompromiss

In Teil 13 geht es um:
Finetuning – sinnvoller Aufwand oder überholtes Konzept?


❓ FAQ – Häufige Fragen

Was ist mit kommerzieller Nutzung bei Open Source?
Viele Modelle sind unter Apache 2.0 oder MIT – aber prüfe immer die Lizenzbedingungen im Detail.

Ist GPT-4 über Azure wirklich DSGVO-konform?
Ja – Microsoft garantiert Speicherung und Verarbeitung in der EU, mit zusätzlichem Vertrag (DPA/NDA).

Gibt es Open Source Modelle, die GPT-4 ebenbürtig sind?
Noch nicht ganz – aber Mixtral, Yi oder LLaMA 3 kommen bei vielen Aufgaben erstaunlich nah ran.

Kann ich beides kombinieren?
Absolut. Viele nutzen z. B. lokale RAG-Systeme mit Open Source und leiten Spezialanfragen an GPT-4 weiter.

Wolf Galetzki

Berät Unternehmen bei der Einführung von KI und Automatisierung. Als Gründer von Datista liegt sein Fokus auf datensouveränen, anpassbaren Lösungen.

Wolf galetzki datista speaker

Alle Artikel der Serie:

Die Artikelserie "Die Mathematik hinter LLMs" umfasst insgesammt 20 Artikel. Folgende Artikel sind bereits veröffentlicht: