Im KI-Workshop stellt irgendjemand fast immer diese Frage:
„Sollen wir GPT-4 nutzen – oder lieber ein Open-Source-Modell hosten?“
Und sie ist berechtigt. Denn bei Sprachmodellen geht es längst nicht mehr nur um Performance, sondern auch um:
- Kosten
- Datenschutz
- Kontrolle
- Anpassbarkeit
- Skalierbarkeit
In diesem Teil erfährst du:
- Wie sich Open- und Closed-Source-Modelle systematisch unterscheiden
- Welche Vor- und Nachteile wirklich relevant sind
- Für wen welche Modelle am besten passen
- Und wie sich führende Anbieter heute positionieren
Entscheidungskriterien: Worauf es ankommt
Die wichtigsten Dimensionen:
Kriterium | Bedeutung für Unternehmen |
---|---|
Leistung (Accuracy) | Wie gut sind Antworten in realen Use Cases? |
Kostenstruktur | API-Abrechnung vs. Infrastruktur & Wartung |
Datenschutz / DSGVO | Kann ich sensibelste Daten sicher verarbeiten? |
Anpassbarkeit | Finetuning, Promptsteuerung, Kontrolle möglich? |
Verfügbarkeit / Support | Reaktion bei Ausfällen, Versionierung, SLAs |
Latenz / Geschwindigkeit | Kritisch z. B. bei UI-Interaktion oder Agenten |
Vergleich: Closed vs. Open Source im Überblick
Eigenschaft | Closed Source (z. B. GPT-4, Claude, Gemini) | Open Source (z. B. Mistral, LLaMA, Yi) |
---|---|---|
Zugriff | Nur via API / Plattform | Eigenes Hosting oder über Drittanbieter |
Kostenmodell | API-basiert (Tokenpreise) | Hardware + Betriebskosten |
Leistung (out of the box) | Sehr hoch bei führenden Modellen | Unterschiedlich – oft schwächer ohne Finetuning |
Datenschutzkontrolle | Begrenzt, je nach Anbieter | Vollständig bei Selfhosting |
Anpassbarkeit | Eingeschränkt (Prompt-basiert) | Vollständig (Prompt + Finetuning möglich) |
Infrastrukturbedarf | Gering (API reicht) | Hoch (GPU, MLOps, Sicherheit) |
Auditierbarkeit | Keine Einsicht in Modellparameter | Volle Einsicht & Kontrolle |
Reife / Stabilität | Sehr hoch bei Premium-Anbietern | Unterschiedlich – manche Modelle instabil |
Lizenz & Compliance | proprietär, oft unklar | offen, aber lizenzpflichtig prüfen |
Modelle im Vergleich
Closed Source (API-basiert)
Modell | Anbieter | Besonderheit |
---|---|---|
GPT-4 (turbo) | OpenAI / Azure | Hohe Performance, multimodal |
Claude 3 Opus | Anthropic | Transparente Quellenstruktur, stark bei Fakten |
Gemini 1.5 Pro | Google DeepMind | Sehr langer Kontext, multimodal |
Command R+ | Cohere | Für RAG optimiert, günstiger |
→ Vorteile: Keine eigene Infrastruktur nötig, beste Performance
→ Nachteile: Datenschutz, API-Limits, Kontrolle begrenzt
Open Source (self-hostbar)
Modell | Entwickler | Besonderheit |
---|---|---|
Mistral 7B / Mixtral | Mistral | Schnell, leistungsstark, permissive Lizenz |
Yi-34B | 01.AI (China) | Sehr stark bei Sprache & Code |
LLaMA 3 | Meta | Gute Basis, breites Ökosystem |
DeepSeek-V2 | DeepSeek | Code- und Sprache, Open-Release |
OpenChat / Zephyr | Community-basiert | RLHF-basiert, dialogoptimiert |
Falcon / BLOOM | HuggingFace / TII | Gute Baseline, aber teils veraltet |
→ Vorteile: Kontrolle, Datenschutz, Anpassung
→ Nachteile: Aufwändige Infrastruktur, Performance schwankend
Sonderfall: DSGVO & AI Act – wer erfüllt was?
DSGVO-konforme Optionen (für EU-Unternehmen interessant):
Modell / Anbieter | Betriebsform | DSGVO-konform nutzbar? |
---|---|---|
GPT-4 via Azure | EU-Region, Microsoft | ✅ Ja – unter NDA und Kontrolle |
Aleph Alpha | Heidelberg (DE) | ✅ Ja – deutsches Rechenzentrum |
Mistral / Mixtral | Selfhosted (EU) | ✅ Ja – vollständige Kontrolle |
OpenAI API (US) | Standardzugang | ❌ Nicht vollständig DSGVO-konform |
Claude / Gemini | US-basiert | ⚠️ Eingeschränkt, keine EU-Garantie |
Tipp: Azure OpenAI ist derzeit die einzige offizielle Möglichkeit, GPT-4 in einem EU-konformen Setup mit Microsoft-SLA zu betreiben.
Wann lohnt sich welches Modell?
Closed Source (API) – sinnvoll bei:
- Prototyping & schnelle MVPs
- Kein Team für Infrastruktur
- Fokus auf höchste Qualität (z. B. GPT-4)
- Kein Kontakt mit kritischen oder personenbezogenen Daten
Open Source (self-hosted) – sinnvoll bei:
- Datensensible Anwendungen (HR, Legal, Medizin)
- Wunsch nach voller Kontrolle & Auditierbarkeit
- Integration in eigene Tools / Infrastruktur
- White-Label-KI-Lösungen für Dritte
Entscheidungsbaum (vereinfachte Version)
textKopieren→ Verarbeite ich sensible oder personenbezogene Daten?
→ Ja → Open Source / Azure GPT-4 prüfen
→ Nein → API-Modell möglich
→ Habe ich interne IT-Kompetenz für LLM-Infrastruktur?
→ Ja → Selfhosted Modelle gut nutzbar
→ Nein → API oder Managed Hosting wählen
→ Ist Customization wichtig (z. B. eigenes Wording, Stil)?
→ Ja → Finetuningfähig = Open Source
→ Nein → API reicht aus
Fazit & Ausblick
Es gibt kein „bestes Modell“ – aber es gibt passende Modelle für deinen konkreten Kontext.
- Closed Source überzeugt mit Power & Einfachheit
- Open Source mit Kontrolle & Datenschutz
- Hybride Setups (z. B. GPT-4 + RAG + lokale Filterung) sind oft der beste Kompromiss
In Teil 13 geht es um:
Finetuning – sinnvoller Aufwand oder überholtes Konzept?
❓ FAQ – Häufige Fragen
Was ist mit kommerzieller Nutzung bei Open Source?
Viele Modelle sind unter Apache 2.0 oder MIT – aber prüfe immer die Lizenzbedingungen im Detail.
Ist GPT-4 über Azure wirklich DSGVO-konform?
Ja – Microsoft garantiert Speicherung und Verarbeitung in der EU, mit zusätzlichem Vertrag (DPA/NDA).
Gibt es Open Source Modelle, die GPT-4 ebenbürtig sind?
Noch nicht ganz – aber Mixtral, Yi oder LLaMA 3 kommen bei vielen Aufgaben erstaunlich nah ran.
Kann ich beides kombinieren?
Absolut. Viele nutzen z. B. lokale RAG-Systeme mit Open Source und leiten Spezialanfragen an GPT-4 weiter.